METRO.POLIS WUPPERTAL

illustration, art direction

2020

Wuppertal macht es einem nicht leicht. Die Stadt, die als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Bergischen Landes zu den grünsten Städten Deutschlands zählt, hat nur selten Geschick be- wiesen, über ihr eigenes Vermögen zu sprechen, geschweige denn, es über die Höhenzüge der Stadt hinaus in die Welt zu tragen. So eigenartig, wie sich die Entwicklung des Tals der Wupper bis zur Stadtgründung Wuppertals 1929 darstellt, so eigensinnig begegnet einem das Denken und Handeln seiner Bürgerinnen und Bürger über all die Jahre der Geschichte und die vielen Ecken seiner Quartiere und Stadtviertel.

Wuppertal muss und will entdeckt werden. Nichts scheint einem geschenkt zu werden, so wie man auch nicht beschenkt werden will. An der unzugänglichen wald- und regenreichen Region des rheinischen Schiefergebirges, in der sich die atlantischen Tiefausläufer zum ersten Mal richtig abregnen, haben weder Bischöfe noch Herzöge über Jahrhunderte ein wirkliches Interesse be- kundet. Und so ist es wohl kein Wunder, dass sich durch die Abwesenheit feudaler Ordnungen seit dem 16. Jahrhundert eine bürgerliche Kultur entwickelt hat, deren Selbstverständnis davon geprägt ist, das eigene Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

Diese, wenn man so will, DNA hat die Entwicklung der Stadt seither über alle Jahrhunderte, durch alle Höhen und Tiefen begleitet und geprägt. Sie hat die ehemaligen Städte Elberfeld und Barmen sowie ihr Umland über zwei Jahrhunderte zu einem der führenden Zentren der (Früh-) Industrialisierung im Deutschen Reich wachsen lassen. Angetrieben durch den Wettbewerb der Doppelstadt, über welche sich das Rheinland und Westfalen wie nirgendwo sonst so nahe kamen, lebten Ende des 19. Jahrhunderts über 400.000 Menschen, zeitweise mehr als in Köln. Der Reichtum der Fabrikanten führte zu den heute noch größten zusammenhängenden Villenvierteln der Gründerzeit, hinterließ Fabriken und Wohnviertel, Bürgerparks und Architekturen der Jahrhundertwende, wie man sie in dieser Dichte und Qualität nur selten in anderen Großstädten findet.

Sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, sich durchzusetzen, es selbstständig zu machen, kennzeichnet die Mentalität des Wuppertals, die der Stadt auch nach den zahlreichen Aderlässen des 20. Jahrhunderts immer wieder auf die Beine geholfen hat. Firmen wie Bayer, Wicküler, Jackstädt, zahlreiche Textil- und Maschinenbauunternehmen zeugen von der weltoffenen Unternehmerkraft, die bis in die Gegenwart jedem tiefgreifenden und verlustreichen Strukturwandel einen Aufbruch entgegenstellt.

Es ist wohl dieser Hang und Wille zur Selbständigkeit, der nicht nur das wirtschaftliche Denken und Handeln der Stadt prägt, sondern in gleicher Weise das kulturelle und soziale. Stadt zu gestalten bedeutet in Wuppertal, sich Stadt anzueignen, seinen Ideen und Visionen Raum zu verschaffen und nicht darauf zu warten, wer einen fragt und ob man etwas darf. Was wäre in diesen Zeiten aktueller, als ein solcher bürgerlicher Eigensinn, der fast beispielhaft ein zeitgemäßes Verhältnis von Kommune und Bürger beschreibt.